REGIONALE WILDPFLANZENSAATGUT-VERMEHRUNG

Im Aufbau

Biodiversität bedeutet nicht nur die Vielfalt an Arten und Lebensräumen. Die Förderung von Biodiversität bedeutet auch die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten zu schützen. Wird zum Beispiel überall auf neu angelegten Wiesenflächen das Saatgut immer derselben Margerite, welche ursprünglich z.B. aus dem Norden Deutschlands stammt in ganz Mitteleuropa verteilt so dient dies nicht der Förderung des genetischen Spektrums innerhalb dieser Art. Warum ist das wichtig?

Das ist von Bedeutung weil sich Arten entwickeln um sich den verändernden Gegebenheiten, wie dem Klima, anzupassen. Ihre Möglichkeiten dazu sind wesentlich größer, wenn auch das Spektrum an verfügbaren Genen größer ist. Verengt sich dieses Spektrum so sinken die Möglichkeiten der Anpassung und im extremsten Fall kann das auch zum Aussterben einer Art führen.

Bereits ganz „gewöhnliche“ Wiesenarten sind aufgrund der fortschreitenden Intensivierung der Landwirtschaft (intensive Düngung, hohe Mähfrequenzen, Abtransport des Schnittgutes ohne Abtrocknung, Einsatz von Pestziden) immer seltener zu finden. Um diese Pflanzenarten und die tausenden mit ihnen verbundenen heimischen Tierarten vor dem Verschwinden zu bewahren müssen wir uns gezielt um sie bemühen. Das heißt: bestehende Wiesenflächen biodiversitätsfördernd nutzen und pflegen, wo es passt Wiesen mit regionalheimischen Arten anlegen und den lokalen Genpool für Ansaaten nutzen. Dafür kann ich kundige Fachmenschen oder -Betriebe beauftragen die mir Saatgut aus der Region von artenreichen Flächen besorgen durch Sammlung oder Mähgutübertragung. Eine weitere, aber langwierigere Möglichkeit ist die Anlage regionaler Wildpflanzen-Quartiere, die nach Jahren Quelle regionalen Saatgutes regionaltypischer Wildpflanzen sind.

WILDPFLANZEN SAMENBANKEN

Naturschutzfachlich am wertvollsten wäre es bei Wiesen-Neuanlagen Samen von vor Ort wachsenden Wildpflanzen zu verwenden, sofern diese nicht unter Naturschutz stehen oder in Schutzgebieten wachsen. Leider sind artenreiche Spenderflächen nicht überall verfügbar, weshalb in Regionen mit artenarmen Grünflächen das Zurückgreifen auf Saatgut aus regionalen Wildpflanzen-Quartieren eine ökologisch vertretbare Ergänzung wäre. Langfristig wäre der Aufbau zumindest eines Wildpflanzenquartiers pro biogeografischer Großlandschaft wohl sinnvoll, quasi als regionale Wildpflanzen-Samenbank.

GROSSREGION BÖHMISCHE MASSE

Österreich ist unterteilt in 10 sogenannte Biogeografische Großlandschaften. Diese weisen in wiederkehrenden Raummustern besondere Charakteristika hinsichtlich ihrer Geologie, Geomorphologie und Raumnutzung sowie der dort vorkommenden Arten und Lebensräume auf, die sich deutlich von angrenzenden Großeinheiten unterscheiden. Das Waldviertel gehört zur Großregion „Böhmische Masse“ und in Modlisch soll ein Wildpflanzen-Quartier für Wildstauden aus dieser Großregion erwachsen um Wildpflanzensaatgut aus dem Waldviertel für Grünland-Ansaaten im Waldviertel zu gewinnen.

Zuerst werden von zulässigen Spenderflächen Fruchtstände verschiedener Wildpflanzen-Arten gesammelt

Im darauffolgenden Jahr wird das gewonnene Saatgut in Saatschalen ausgesät und es wachsen Pflanzen für das Wildpflanzen-Quartier heran.

Dann werden diese getrocknet und gereinigt.

Im darauffolgenden Herbst oder Frühling werden die zuvor vereinzelten Wildstauden in ihr neues Zuhause, das Wildstauden-Quartier umgesiedelt.

Die ersten Sammlungen auf Spenderflächen im Waldviertel erfolgten 2019. Alle Schritte in diesem langwierigen Prozess erfolgen entsprechend der EU-Bioverordnung und den Prüfrichtlinien der REWISA-Zertifizierung